Unentgeltliche Nutzung einer Ferienimmobilie als verdeckte Gewinnausschüttung

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 12.06.2013 entschieden, dass die unentgeltliche Nutzung einer in Spanien gelegenen Ferienimmobilie in Deutschland zu Einkommensteuernachforderungen führen kann, wenn

Eigentümer der Immobilie eine spanische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer Sociedad Limitada (S.L.) ist und die in Deutschland ansässigen Gesellschafter die Immobilie unentgeltlich nutzen.

Der Grund hierfür ist, dass die deutsche Finanzverwaltung in diesen Fällen gegebenenfalls eine „verdeckte Gewinnausschüttung“ unterstellt.

Was sind verdeckte Gewinnausschüttungen?

Verdeckte Gewinnausschüttungen liegen zum Beispiel vor, wenn eine Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter unüblich hohe Zinsen zahlt oder ihm – wie im Entscheidungsfall – kostenlos eine Immobilie zur Verfügung stellt.

Ein ordentlicher Geschäftsführer hätte einem fremden Dritten diese Vorteile nicht gewährt, da hierdurch das Vermögen der Gesellschaft vermindert, jedenfalls aber nicht vermehrt wird. Dies gilt auch dann, wenn der geschäftsführende Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen durch seine Einlage finanziert hat. Rechtlich wird also streng zwischen den Ebenen der Gesellschaft und des Gesellschafters unterschieden und geprüft, ob die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen fremdüblich sind.

Kommt das Finanzamt zum Ergebnis, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, wird diese steuerlich wie eine tatsächliche Dividendenzahlung behandelt, und zwar auch dann, wenn kein Geld geflossen ist. Die Höhe der fiktiven Dividende richtet sich nach dem gewährten Vorteil. Im Entscheidungsfall waren dies 6% des notariell beurkundeten Kaufpreises der Immobilie zuzüglich eines Gewinnzuschlages von 10%.

Kann der deutsche Fiskus auch eine verdeckte Gewinnausschüttung aus einer spanischen Immobilien-GmbH besteuern?

Das grundsätzliche Besteuerungsrecht Deutschlands ergibt sich aus dem sog. Welteinkommensprinzip. Danach unterliegt das gesamte Welteinkommen von in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Personen der Besteuerung in Deutschland. Im Übrigen wendet auch Spanien das Welteinkommensprinzip auf dort unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen (echte Residenten) an.

Allerdings haben beide Staaten ein sog. Doppelbesteuerungsabkommen – kurz DBA – geschlossen, um zu vermeiden, dass der gleiche Steuerpflichtige wegen des gleichen Steuertatbestandes doppelt besteuert wird. Das DBA weist dabei den Vertragsstaaten für bestimmte Einkunftsarten Besteuerungsrechte zu und regelt die Methoden zur Vermeidung oder Abmilderung der Doppelbesteuerung.

Für Dividenden gilt grundsätzlich das Ansässigkeitsprinzip, d.h. die Dividenden werden dort besteuert, wo der Dividendenempfänger ansässig ist (also Deutschland). Allerdings kann Spanien als Ansässigkeitsstaat der leistenden Gesellschaft eine Quellensteuer erheben, die in Deutschland angerechnet wird.

Nach der derzeit geltenden Fassung des DBA besteht eine Besonderheit dann, wenn nach dem Wortlaut des Abkommens „das Eigentum an Aktien oder anderen Anteilen den Eigentümer dieser Aktien oder Anteile unmittelbar oder mittelbar zur Nutzung des unbeweglichen Vermögens“ berechtigt. In diesem Fall wird das Besteuerungsrecht dem Staat zugewiesen, in dem sich die Immobilie befindet, also Spanien. Allerdings wird das Besteuerungsrecht Deutschlands dadurch nur eingeschränkt. Die Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt durch Anrechnung etwaiger in Spanien gezahlter Ertragsteuern auf die deutsche Einkommensteuer oder – sofern die Einkünfte einer spanischen Betriebsstätte des Gesellschafters zuzurechnen sind – durch Freistellung in Deutschland.

Im entschiedenen Fall galt diese Regelung noch nicht. Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass aufgrund der unstrittigen verdeckten Gewinnausschüttung nach damaligem Rechtsstand Dividendeneinkünfte oder „andere Einkünfte“ vorlagen. Das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften stand in jedem Fall Deutschland zu. Ob in Spanien gezahlte Ertragsteuern in Deutschland anzurechnen waren, hing von der Qualifikation der Einkünfte nach nationalem spanischem Recht ab.

Fazit: Obwohl Deutschland eine verdeckte Gewinnausschüttung aus einer spanischen Immobilien-GmbH grundsätzlich besteuern darf, ergeben sich nach dem anwendbaren Stand des DBA und des innerstaatlichen Rechts Einschränkungen und Anrechnungsmöglichkeiten. Die Gefahr einer Nachversteuerung in Deutschland vermindert sich nach dem aktuellen DBA allerdings nur dann, wenn die unentgeltliche Nutzung in Spanien tatsächlich besteuert wird.

Handlungsempfehlung

Aus unserer Sicht ist nicht zu erwarten, dass die deutsche Finanzverwaltung das neue BGH-Urteil zum Anlass nehmen wird, Beteiligungen an spanischen Immobilien-GmbHs flächendeckend auf verdeckte Gewinnausschüttungen zu prüfen und Nachzahlungen festzusetzen. Im Entscheidungsfall dürfte das Gesamtbild der Verhältnisse – unklare Herkunft der Mittel für den Immobilienkauf, Anlage dieser Mittel in der Schweiz, mutmaßliche Abweichung des tatsächlich gezahlten Kaufpreises von der notariellen Urkunde, nacherklärte Schenkungen – zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung beigetragen haben.

In Einzelfällen ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung ähnlich vorgeht und sich auf die aktuelle Rechtsprechung beruft. Hierbei ist zu beachten, dass die Festsetzungsfrist, innerhalb derer Steuerbescheide noch geändert werden können, in Deutschland grundsätzlich 4 Jahre und bei Steuerhinterziehung sogar 10 Jahre beträgt.

Im Übrigen empfehlen wir, bereits bei der Sachverhaltsgestaltung verdeckte Gewinnausschüttungen – z.B. durch Miet- und Darlehensverträge zu fremdüblichen Konditionen – möglichst zu vermeiden, um weder in Deutschland noch in Spanien Begehrlichkeiten des Fiskus zu wecken.

Autor: Steuerberater Thomas Vales (V&S Partner Tax Consultors, S.L.)

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